Die Gewöhnliche Schafgarbe

(Achillea millefolium)

Abb. 1 Gewöhnliche Schafgarbe in einem Blühstreifen vor einem Rapsfeld
Abb. 1 Gewöhnliche Schafgarbe in einem Blühstreifen vor einem Rapsfeld

Dieses Jahr hat die Gewöhnliche Schafgarbe auf vielen Wiesen, Wegrändern und in manchen Gärten Hochkonjunktur. Auch wenn sie sehr anspruchslos ist und viel Trockenheit verträgt – der viele Regen tat ihr gut. Sie wächst auch schwerpunktmäßig auf Feuchtwiesen und -weiden und ist bei uns eine typische Pflanze der Glatthaferwiesen. Sie ist in ganz Europa bis Sibirien heimisch; wenn man Unterarten dazuzählt, auf fast allen Kontinenten. 


Von der Gewöhnlichen Schafgarbe hat die Tierwelt sehr lange etwas. Sie bringt meistens das ganze Jahr über leckere grüne Blätter hervor, wird 20 cm bis 1 m hoch und blüht von Juni bis Ende Oktober, manchmal auch noch länger. So können sich auch späte Insekten noch an ihnen gütlich tun.

Wie der deutsche Name schon sagt, wird sie (u. a.) gerne von Schafen gefressen. Der Wortteil Garbe leitet sich von dem mittelhochdeutsches Wort garwe (Heilen) ab; er hat nichts mit einer Getreidegarbe zu tun. Neben der häufig anzutreffenden Gewöhnlichen Schafgarbe gibt es in Deutschland noch die Sumpf-Schafgarbe (A. ptarmica) und die Weidenblättrige Schafgarbe (A. salicifolia). Beide mögen es sehr feucht und sind nur auf nassen Wiesen oder Mooren, letztere auch an Ufern zu finden. Beide sind selten geworden. Für die Schafgarben gibt es unendlich viele lokale Trivialnamen, weshalb auf eine Nennung hier verzichtet wird. Die Namen sind häufiger mit Schafen assoziiert.

 

Was charakterisiert die Gewöhnliche Schafgarbe?

Achillea millefolium ist eine mehrjährige Pflanze, die das ganze Jahr über grün bleibt. Der weiße, manchmal auch rosa gefärbte, doldige Blütenstand wirkt wie ein Strauß aus vielen kleinen Blumen. Bei ungenauem Hinsehen könnte man meinen, dass Schafgarben Doldenblütler sind. Sie gehören jedoch zu den Korbblütlern (Asteraceae). Wenn man den Blütenstand näher betrachtet, ist zu erkennen, dass sich die Gesamtdolde aus mehreren kleineren Dolden zusammensetzt. Die Stiele dieser „Döldchen“ enden in mehreren grünen, gestielten Körben (Abb. 2), das namensgebende Kennzeichen für Korbblütler. 

 

Abb. 2 Der doldige Blütenstand der Gewöhnlichen Schafgarbe besteht aus mehreren Teilblütenständen, die in Körben mit mehreren Blüten enden.
Abb. 2 Der doldige Blütenstand der Gewöhnlichen Schafgarbe besteht aus mehreren Teilblütenständen, die in Körben mit mehreren Blüten enden.

Die Körbe enthalten 4-6 kleine Zungen- und Röhrenblüten (Abb. 3), wobei erstere durch ihre lappigen Blütenblätter dominant sind. Beide Blütenformen sind meist weiß, manchmal auf der Oberseite auch rosa gefärbt. Die Blüten sind, wie so häufig bei Kräutern, zuerst männlich, dann weiblich. Die abgebildeten Pflanzen befinden sich bereits in der weiblichen Phase. Die hervorgetretenen gelben Griffel mit den Narben sind für Insekten sehr leicht zugänglich. Wenn diese an den Nektar möchten und Pollen tragen, kommen sie fast zwangsläufig mit den Narben in Berührung und bestäuben die Pflanze. 

 

Abb. 3 Aus jedem Korb der Gewöhnlichen Schafgarbe schauen Zungen- und Röhrenblüten heraus. Die gelben Griffel ragen weit darüber hinaus.
Abb. 3 Aus jedem Korb der Gewöhnlichen Schafgarbe schauen Zungen- und Röhrenblüten heraus. Die gelben Griffel ragen weit darüber hinaus.

Achillea millefolium hat mehrfach gefiederte, lanzettliche, farnartige Blätter (Abb. 4). Sie sind so charakteristisch, dass man die Pflanze kaum verwechseln kann. Der Unzahl der kleinen Blättchen und Unterblättchen verdankt die Pflanze ihren lateinischen Artnamen millefolium. Er bedeutet tausend Blätter.

 

Abb. 4 Den mehrfach gefiederten Blättern verdankt Achillea millefolium ihren Namen.
Abb. 4 Den mehrfach gefiederten Blättern verdankt Achillea millefolium ihren Namen.

Junge Blätter der Gewöhnlichen Schafgarbe sind hellgrün und zart (Abb. 5). In diesem Zustand können Sie einen frischen Salat oder Kräuterbutter bereichern. Später werden sie hart und dunkelgrün und sind nicht mehr genießbar. 

 

Abb. 5 Jungpflanzen der Gewöhnlichen Schafgarbe auf einer Wiese
Abb. 5 Jungpflanzen der Gewöhnlichen Schafgarbe auf einer Wiese

Die Früchte der Schafgarben sind sogenannte Nüsse, die mit einer trockenen Wand (Perikarp) versehen sind, sodass sie durch Wind fortgetragen werden können. Eine weitere Ausbreitungsform ist das Verschlucken durch Tiere und Ausscheiden über den Verdauungstrakt.

 

Des Weiteren bildet die Pflanze waagrecht wachsende unter- oder oberirdische, bis zu 50 cm lange Rhizome. An ihnen bilden sich Überdauerungsknospen, die ein Überwintern unter Laub erlauben.

 

Die Gewöhnliche Schafgarbe ist Nektarpflanze z. B. für den Dukaten- und Dukaten-Feuerfalter, den Eisvogel, einige Schecken- und Zipfelfalter und Futterpflanze für die Raupen von diversen Eulen-, Spanner- und Spinnerarten. Insgesamt wurden mehr als 30 Falterarten an den Pflanzen beobachtet. Doch nicht nur Tiere profitieren von ihnen. Die Schafgarbe ist auch eine uralte Gewürz- und Heilpflanze: Die grünen Teile und Blüten können als Tee oder Frischpflanzenpresssaft angewendet werden. Sie sollen die Gallensaftproduktion anregen, antibakteriell, zusammenziehend und krampflösend sein. Entsprechend sind die Anwendungsgebiete Appetitlosigkeit, Völlegefühl und Bauchkrämpfe. Äußerlich wurden die Zubereitungen früher z. B. bei Entzündungen, Wunden und Hämorrhoiden angewendet; eine Wirksamkeit wurde bisher jedoch nicht belegt. In dem griechischen Epos Ilias heilt Achilles Verwundete mit der Schafgarbe; daher der lateinische Gattungsname Achillea.

 

Schafgarben enthalten sehr viele, z. T. arzneilich wirksame Inhaltsstoffe, die man aus anderen Heilkräutern, aus Gewürzen oder als Aromastoffe kennt: ätherische Öle wie Campher, Pinene, Cineol, verschiedene Sesquiterpenlactone (typisch für Asteraceae, können z. T. Allergien hervorrufen), sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide, Cumarine, Kaffeesäurederivate oder Achillein (zytotoxische Eigenschaften). Die meisten dieser Stoffe dienen den Pflanzen als Fraßschutz vor Insekten. Den vielen Falterraupen, die von ihnen leben, können sie offensichtlich nichts anhaben. Die oberirdischen Teile der Schafgarbe wurden früher auch zum Färben von Wolle verwendet. Die Wolle wurde gelb, wenn sie vorher mit Alaunen gebeizt wurde.

 

Bei dem großen Nutzen und vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Schafgarbe ist es schön, dass es sie noch häufig zu finden ist.


Quellen:

 

R. Fitter, A. Fitter, M. Blamey, 2000: Pareys Blumenbuch, Parey Buchverlag Berlin, S. 250-251

Bundesamt für Naturschutz: FloraWeb - Artinformation

Genaust H. 1996: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Springer Basel AG, S. 51

 

Text und Fotos: Brigitte Steinke – Biologin - NABU