Das Busch-Windröschen (Anemone nemorosa)

Abb. 1 Buschwindröschen in einem Buchenmischhain mit gelbem Scharbockskraut dazwischen / Foto: Christoph Buchen
Abb. 1 Buschwindröschen in einem Buchenmischhain mit gelbem Scharbockskraut dazwischen / Foto: Christoph Buchen

Busch-Windröschen und Scharbockskraut gehören mit zu den ersten Frühlingsboten des Jahres. Das Busch-Windröschen wächst im Tiefland überwiegend in Wäldern oder Gehölzen und blüht, abhängig von Witterung und Standort, von März bis Mai, d. h. bevor die Bäume ausschlagen. Danach wird es ihnen zu schattig. Es ist über Europa bis Ostasien verbreitet und nicht gefährdet. Jedoch ist es als Teil des Biotoptyps „Montane Buchen-Tannenwälder“ gefährdet bis stark gefährdet. In der Kategorie „Buchenmischwälder frischer, basenreicher Standorte“ steht es auf der Vorwarnliste. Dort wo das Busch-Windröschen vorkommt bildet es meist einen ganzen Rasen.


Anemonen gehören, wie die im September beschriebene Waldrebe, zur Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae), aber zur Gattung der Windröschen (Anemonen). Der Gattungsname Anemone ist wahrscheinlich auf das arabische Wort für Blut zurückzuführen. Blut ist wiederum mit dem blutroten Adonisröschen assoziiert, einer in Deutschland selten gewordenen Verwandten des Busch-Windröschens. Als Adonis, der griechische Gott für Schönheit und Vegetation getötet wurde, soll seine Geliebte Aphrodite jeden Blutstropfen in ein Adonisröschen und jede ihrer vergossenen Tränen in eine blutrote Blüte dieser Pflanzen verwandelt haben.

 

„Nemorosa“ stammt vom lateinischen „nemorosus“ ab, dem Wort für Wald oder Hain.

 

Was charakterisiert das Busch-Windröschen?

 

Die Pflanze wird 6‑20 cm hoch. Wie die anderen Mitglieder der Familie Ranunculaceae haben die Blüten keinen Kelch. Dessen Funktion wird von den meistens 5‑7 Blütenhüllblättern übernommen, die bei dieser Art weiß sind, auf der Unterseite auch häufiger weiß-rosa. Es wurden auch schon Pflanzen mit bis zu 15 Blütenhüllblättern gefunden. Diese sind stets in einem inneren und einem äußeren Kreis angeordnet. Sie überlappen sich ein wenig. In den Blüten befinden sich zahlreiche Staubgefäße mit weißen Staubfäden und gelben Staubbeuteln, die um die grünen, nicht verwachsenen Fruchtblätter angeordnet sind. Die Narben sind weiß. Die Blüten sind zunächst männlich und später meist zwittrig. Jede Pflanze bringt in der Regel nur eine Blüte hervor, die auf einem langen Stängel sitzt (Abb. 3). Die Blütenstängel sind behaart. Die Blüten werden von kurzrüsseligen Bienen, Käfern und Schwebfliegen bestäubt. Sie schließen sich, wenn es dunkel oder kalt wird. Die Blütenhüllblätter sind länger als die Staubgefäße und leicht konkav gebogen. So können sie die Fortpflanzungsorgane wie ein Gefäß umfassen und damit bestens schützen.

Abb. 2 Blüte eines Busch-Windröschens in zwittrigem Zustand / Foto: Dorothea Bellmer
Abb. 2 Blüte eines Busch-Windröschens in zwittrigem Zustand / Foto: Dorothea Bellmer

Die Pflanzen weisen langstielige Grund- und Hochblätter auf, die tief eingeschnitten sind (Abb. 3). Die einzelnen „Lappen“ wirken dadurch wie separate Blätter. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, weil auch sie leicht gestielt sind. Die Grundblätter erscheinen mit oder erst nach der Blüte. Die drei Hochblätter sind wirtelig angeordnet, d. h. sie gehen in gleicher Höhe vom Stängel ab. An dem gleichen Punkt entspringen auch die Blüten. Die Blätter können insgesamt sehr unterschiedlich gestaltet sein, haben aber immer gesägte Ränder. Sie ziehen nach der Fruchtzeit schnell ein und von der ganzen Pracht ist bis zum nächsten Jahr nichts mehr zu sehen. 

Abb. 3 Busch-Windröschens haben drei wirtelig angeordnete, tief eingeschnittene Hochblätter  / Foto: Dorothea Bellmer
Abb. 3 Busch-Windröschens haben drei wirtelig angeordnete, tief eingeschnittene Hochblätter / Foto: Dorothea Bellmer

Die Frucht ist eine sogenannte Sammelnussfrucht. Die Ausbreitung der Samen erfolgt durch den Wind oder durch Bewegungen der Mutterpflanze, allerdings ohne großen Erfolg. Die bei weitem häufigste Verbreitung erfolgt durch die Sprossknospen (s. u.).

 

Busch-Windröschen sind ausdauernd, d. h., sie kommen jedes Jahr wieder. Ermöglicht wird dies durch die Bildung sogenannter Rhizome. Rhizome sind keine Wurzeln, sondern unterirdisch wachsende Sprossachsen, die sich bei Anemone nemorosa verzweigen und bis zu 30 cm lang werden können. In ihnen werden Kohlenhydrate gespeichert. Am Ende eines Rhizoms wird eine Sprossknospe gebildet, aus der im folgenden Jahr eine neue Pflanze keimt. Der Rest des Rhizoms stirbt ab.

 

Früher wurde Anemone nemorosa als Heilpflanze benutzt. Eine Wirksamkeit ist jedoch nicht bekannt. Vielmehr ist zu beachten, dass die gesamte Pflanze, wie die anderen Hahnenfußgewächse auch, giftig ist. Sie enthält unter anderem die Giftstoffe Protoanemonin und Anemonol. Außerdem ist die Pflanze stark hautreizend und kann bei Kontakt Allergien auslösen.

 

Es bleibt zu hoffen, dass es wenigstens im Frühjahr weiter ausreichend regnet, denn das Busch-Windröschen liebt es feucht und kann uns nur so weiter erfreuen.

Quellen:

R. Fitter, A. Fitter, M. Blamey, 2000: Pareys Blumenbuch, Parey Buchverlag Berlin, S. 80

Floraweb: https://www.floraweb.de/pflanzenarten/verbreitung.xsql?suchnr=435&

 

Genaust, H. 1996: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser Basel.

©Springer Basel AG, S. 62‑63.

 

Text: Brigitte Steinke 03/2021